Montag, 28. Januar 2008

Ich bin Legende

Ein Virus tötet Milliarden von Menschen, und Will Smith fragt sich, ob er der letzte Mensch auf der Welt ist. Er tapert, begleitet von seiner treuen Schäferhündin, durch ein verlassenes New York, überwachsen und übernommen von wilden Tieren. Man erkennt: das Manhattan der Postapokalypse sieht eigentlich aus wie der Alexanderplatz an einem nassen Sonntagnachmittag.
Was unserem Big Willie bleibt: Einsamkeit und Schuldgefühle. Warum lebt ausgerechnet er weiter, während alle anderen tot sind?
Doch halt, sind denn wirklich alle tot? Nein. Manche mutierten auch zu fiesen Kreaturen mit notorischer Lichtaversion. Nur nachts kommen sie aus ihren Löchern und machen Jagd auf Mister Smith. Er aber auch im Gegenzug auf sie. Der Mann war früher nämlich mal Forscher, will jetzt ein Gegenmittel entwickeln, benötigt dafür Versuchskaninchen, und die fängt er sich eben.
Die Mutanten bilden, ähnlich wie die Zombies Romeroscher Prägung, eine soziale Masse von Verlierern. Hollywood denkt hier also eigentlich nur den Globalisierungsverlierer und Sozialhilfeempfänger konsequent weiter: der lichtscheue RTL-2-Zuschauer, der bis in die Puppen schläft und das Haus nur verläßt, um beim Amt nach dem Rechten, also: dem Verbleib seiner Stütze, zu sehen, als inhumanes, degeneriertes Wesen. Die soziale De-Evolution ist längst abgeschlossen.
Und dennoch besitzen die Infizierten auf ihre Weise noch so etwas wie Intelligenz. Unter ihnen entsteht eine neue, ganz eigene Ordnung, für die Will Smiths Charakter, ohne es zu wissen, eine entscheidende Rolle spielt. Die Romanvorlage von Richard Matheson zeigt an dieser Stelle nämlich (übrigens viel deutlicher, als es die Kinovariante kann), wie sich eigentlich egoistische Einzelwesen zusammentun, wenn ihre brüchige Gemeinschaft von außen bedroht wird.
Unser Willie erkennt ganz am Ende des Buchs, daß er selbst jenes Taggespenst ist, welches die Wesen der Finsternis so dermaßen in Panik versetzt. Er ist eine von den Nachtaktiven gefürchtete Legende. Für die Monster ist er, der einzige Nicht-Mutant, das eigentliche Ungetüm. Die Rollenzuweisung zwischen Held und Bestie kehrt sich somit um.
Auf diese Erkenntnis kann zwangsläufig nicht mehr viel folgen. Es wird kein Gegenmittel geben. Die Fertigen bleiben fertig und lassen sich nicht mehr in Menschen zurückverwandeln. Im Roman löscht sich Will Smith am Ende selbst aus. Die Kaputten übernehmen nun komplett die Szene.
Der Mensch ist fort. Vermißt wird er nicht. Er hinterläßt keine Leerstelle.

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