Montag, 28. April 2008

Antreten zum Rapport

Jawohl, Herr Hauptmann, da bin ich wieder. Hallöchen.
Nun denn: Letzte Woche, meine Woche. Ließ sich echt gut an. Eigentlich.
Montag: verwirrt. Wo war noch mal links, und wo beginnt rechts? Warum tritt man aus der PDS aus und in die NPD ein und wieso merkt das keiner? Macht das überhaupt noch einen Unterschied? Nachgedacht. Sich die politische Welt als Erdkugel vorgestellt. Man nimmt eine flächige platte Landkarte und rollt sie hintenrum zusammen. Schon treffen sich Links und Rechts am Dings, nicht am Äquator, an dem andern Teil, du weißt schon.
Dienstag: melancholisch. Joni Mitchell gehört, Rotbuschtee getrunken. Soll ja eigentlich gar kein Tee sein, hat mir mal eine Frau gesagt, ich habe aber nur mit einem Ohr hingehört, die Augen dabei stramm auf ihren Ausschnitt gerichtet. Rechtsum. Befehl zum Abmarsch geben. Bye bye. Doch vorher noch: An Carolin Kebekus gedacht. Die kam aber nicht. Ich dafür gleich zweimal. Mit dem Videoband auf Standbild.
Mittwoch: komplett aus der Welt gefallen. Onkel Dittmeyer für einen guten Mann gehalten. Knoppers an belgische Schulkinder verteilt. Goetz gelesen. Sehr gelacht. Danke. Schön. Die Teletubbies geguckt und sich dabei herrlich schwul gefühlt. Den Dingen einen Namen gegeben, der zu ihnen paßt. Mein Anrufbeantworter, der beharrlich schweigt, heißt seitdem Kuno.
Donnerstag: traurig. Wieso? Antwort: Wieso nicht? Hab doch allen Grund dazu. Grunze und greine und zieh lieber Leine. Kinder, die wo im Hof spielen, müssen niesen im Regen, doch hält sie dies nicht davon ab, die alte Frau von gegenüber weiter mit Kieselsteinen zu befeuern. Erinnerung an erste Küsse, die niemals wiederkehren.
Freitag: überfordert. Kühlschrank leer, die Deadline brüllt. Müßte einkaufen, müßte arbeiten. Müßte auch an Freunde denken, bevor die sich endgültig von mir abwenden. Amerika, du hast es besser, deine Oberflächlichkeit wärmt wohlig wie ein Mantel, den sich die Dummen umlegen, um nicht ganz so nackig vor dem Weltgerichtshof zu stehen. Nachgedacht über Mark Twain. Nicht zu Potte gekommen mit Proust. Das Leben ist so kurz, wer soll das alles lesen? Und dann noch verstehen. Und dann noch: Leben. Und das nicht nur so nebenbei.
Samstag: Angst vor Frauen. Albern, doch nicht abänderbar. Ein indigofarbener Hohlmuskel, Schleim und Haarspray, die Cosmopolitan, Tialda von den Popstars, die R. aus meiner Klasse, von früher noch, breit grinsende Honigkuchenpferde aus der Werbung, fordernde Sexualität, Vermarktung durch Entblößung, Verblödung durch Maskierung. Die Vagina wird mein Freund wohl nicht mehr werden. Wo, bitteschön, ist hier das nächste Kloster?
Sonntag: Heulkrampf. Migräne. Zusammenbruch.

Montag, 21. April 2008

Carlo, Cokxxx, Pisa

Bushido war, lauter eigener Aussage, „nie ein schwuler Student“. Dafür darf man ihm Glückwünsche aussprechen – und ihn zugleich auch bemitleiden. Denn selbst der unintelligenteste Gebildete steht immer noch weit über dem klügsten Proletarier.
Die scheinbare Gleichheit, mit der sich der Bildungsstoff jedem bietet, der ihn ergreifen will, ist in Wirklichkeit ein blutiger Hohn, gerade wie andere Freiheiten liberalistischer Doktrinen, die den Einzelnen freilich an dem Gewinn von Gütern jeder Art nicht hindern, aber übersehen, daß nur der durch irgendwelche Umstände sowieso schon Begünstigte die Möglichkeit besitzt, sie sich anzueignen.
Da nun die Inhalte der Bildung, trotz oder wegen ihres allgemeinen Sich-Darbietens, schließlich nur durch individuelle Aktivität angeeignet werden, so erzeugen sie die unangreifbarste, weil ungreifbarste Aristokratie, einen Unterschied zwischen Hoch und Niedrig, der nicht wie ein ökonomisch-sozialer durch ein Dekret oder eine Revolution auszulöschen ist und auch nicht durch den guten Willen der Betreffenden.
Jesus konnte dem reichen Jüngling wohl sagen: Schenke deinen Besitz den Armen, aber nicht: Gib deine Bildung den Niederen. Es gibt also keinen Vorzug, der dem Tieferstehenden so unheimlich erschiene, dem gegenüber er sich so innerlich zurückgesetzt und wehrlos fühlte, wie der Vorzug der Bildung.
Der Intellekt nivelliert. Derjenige, der alles objektivieren kann, entfremdet sich zwar ein wenig von seiner menschlichen Natur, gewinnt zugleich aber auch unglaublich viel hinzu: er kann sich in alles einfühlen, in jeden Standpunkt, auch wenn er ihn persönlich nicht teilt, hineinversetzen etc. pp. Dies verbessert das Leben massiv, ist aber für Sonderschüler aus dem Wedding einfach nicht greifbar.
Auch die Fixierung der Erkenntnisse durch Sprache und Schrift ermöglichen eine Anhäufung und Verdichtung derselben, die die Kluft zwischen Hoch und Niedrig in dieser Hinsicht sich noch stetig erweitern läßt. Der intellektuell beanlagte Mensch wird um so mehr Chancen haben, über die Masse hinauszuragen, je größer und zusammengedrängter bei ihm der vorliegende Bildungsstoff ist.
Bushido kann sich somit auf die Brust trommeln, wie er will, er wird niemals auf dieses Level und auf diesen Stand kommen. Daß er sich, obwohl er selbst Abitur hat, so renitent gegen das deutsche Bildungssystem wehrt und seine Träger und Teilhaber mit unschöner Regelmäßigkeit, fast schon reflexartig, in seinen dummen Songtexten beleidigt, zeigt am Ende doch nur, wie sehr der Mann selbst von Angst und Minderwertigkeitskomplexen erfüllt ist.
Ein wahrhaft stolzer, ignoranter Araber, der auf alles scheißt, hätte das überhaupt nicht nötig. Der würde nur auf sich schauen – und gut is’.

Sonntag, 13. April 2008

Lieber Nachtleben in Benin als Ruhleben in Berlin

Ihre Grippe war noch nicht ganz auskuriert, da zog es Amanda bereits schon wieder magisch ins Amüsierviertel, zu den leeren Versprechungen, den glasigen Blicken und den roten Neonlichtern.
Am Türsteher kam sie ohne Probleme vorbei. Man kannte sie hier, sie sich selbst nicht immer unbedingt.
Ihr erster Gang an diesem Abend führte sie nicht wie sonst an die Bar, sondern erst mal schnurstracks auf Toilette. Nur mit Mühe und Not hatte sie auf der Anreise in der U-Bahn an sich halten können.
Auf die Klotür zum Club schmierte sie mit Edding, in Ermangelung anderer interessanter Freizeitbeschäftigungen während ihrer dortigen, sich aufgrund eines flotten Ottos als doch recht ausgiebig erweisenden Sitzung, folgendes fünffache Haiku zum Abgewöhnen: Bevor es regnet / Ist der Ausgang schon gewiß / Motoren donnern. Weinen wird probiert / Wehmütige Schönheit bleibt / Groß ist noch die Not. Blaues Lied gesummt / Als Hinwendung zum Ganzen / Der liebenden Frau. Zu beiden Seiten / Ruhig wie die Geliebte / Den Sieg ertragen. Bald blinzelt Blattgold / Majestät läßt schön bitten / Davor war wenig.
So, fertig. Abputzen, abziehen, rausgehen, abdrehen. Get into the groove und so, kennt man ja.
Am anderen Ende der Tanzfläche fiel ihr ein besonders hübsches minderjähriges Ding auf, Christiane Pauls kleine Schwester mit Pagenschnitt, so schien es, keinen Tag älter als siebzehn, aber schon recht beweglich in der Hüfte und mit dicker, aber nicht unsexy Goldkette behängt.
Amandas Blick blieb einen Augenblick länger an der kleinen Paul kleben als nötig. In letzter Zeit, so bemerkte sie, während die Bässe unerbittlich wummerten und die Boxen gleichgültig dröhnten, schwärmte sie eigentlich nur noch für andere Frauen, gar nicht mehr für Kerle.
Naja, vielleicht stellte Homosexualität doch noch eine funky Alternative dar, selbst mit Ende zwanzig kann da unter Umständen noch was gehen. Man würde sehen. Die Nacht war noch jung, und der DJ fing gerade erst an.

Sonntag, 6. April 2008

Selbstbeschnüffelung

Hallöchen. Klingelingeling, ich bin der Eiermann.
Aus der Zeitung: Deutsche können nicht über Sex reden. Wozu auch? Lieber machen.
Von Schalke lernte ich früh: Kein Mädchen verletzt dich so wie der Verein.
Von Avril Lavigne und Paris Hilton etwas später: Mit Geld weint es sich leichter. Statt Kunst heute also mal wieder lieber: Pfusch am Bau.
Haben oder Sein? Gute Frage. Geht nicht beides?
Kurz zur Klärung der Fronten: Ich bin der liebste Mensch der Welt, deine Mama inklusive, Feuerzeuge fallen von meinem Schrank, während ich dies schreibe, doch sonst ist alles tutti.
Manche schwärmen von Nudeln in Sahnesauce. Ich träume jedoch mehr von geilen Nudeln in der Horizontalen. Alles natürlich in Maßen, versteht sich, denn: Lieber Liebe ohne Sex als umgekehrt, das war von jeher mein Wahlspruch.
Ich bin eine herzensgute Person, die Trägerin dicker Eier und zudem die fleischgewordene Harmonie. Und doch treten immer wieder Störenfriede und Störenfriedas an mich heran. Hören wir einmal, was die Fachpresse so über mich schreibt: risen Arschloch – erbärmlich – graue Maus – so große Schnauze aber nix dahinter – scheiss Nazi – und dies ist nur ein kleiner Auszug aus den schönsten Beleidigungen aus einem jetzt schon Vierteljahrhundert Mensch sein.
Mensch bleiben! rät Euch, liebe Leserschaft, die lebende Provokation auf zwei Stelzen, fünfzehn Beine und doch alleine.
Gruß und Kuß, Licht und Liebe etc. pp.
Nach Diktat erwürgt.