Samstag, 24. März 2007

Die Abstinenz des leibhaftigen Erlebens

Ich gebe nicht viel auf Konzerte. Wozu soll das auch gut sein, vor irgendwelchen Halbaffen, die sich Fans nennen, seine Lieder wieder und wieder spielen zu müssen? Das führt doch zu nichts.
Van Gogh hat sich auch nie auf den Rathausplatz von Antwerpen gestellt und, um irgendwelchen betäubten Vögeln eine Freude zu machen, Pflastermalerei betrieben. Bei der Zugabe brüllt dann einer mit Motörhead-T-Shirt über dem dicken Bierbauch: Ey Vinnie, alte Eule, mal doch noch mal die sternenklare Nacht für uns. Yessir.
Auch habe ich nie davon gehört, daß Charles Dickens Autorenlesungen gegeben hätte. Wer Bücher nicht selbst lesen kann, der hat eben Pech gehabt, da hilft es auch nicht mehr viel, sie sich vom Autoren persönlich noch einmal vorgrunzen zu lassen.
Der Künstler schafft ein Werk, und damit hat es sich. Weder sollte es dabei um die Reproduzierbarkeit noch um das Sich-gemein-machen mit dem Publikum gehen.
Auch das Privatleben des Artisten geht keinen was an. Von Homestories in der Bunten ist somit Abstand zu nehmen. Desweiteren sollte der Künstler ebenfalls Form, Farbe und Konsistenz seines Stuhlgangs für sich behalten dürfen.
Fans und Bewunderer sind Bestien. Die geben nicht eher Ruhe, bis sie dich mit Haut und Haaren aufgefressen haben und nichts mehr von dir übrig ist.
Sobald Euch irgend jemand Versprechungen macht oder Ihr Potential bei ihm wittert, stürzt Ihr Euch wie die Hyänen auf ihn mit Geheul. Bewunderer töten ihre Idole.
Ich bin mehr auf Seiten des Künstlers als auf der des Publikums. Das Publikum ist eine Masse, und zum Wesen jeder Vielzahl von Menschen gehört es nun einmal, daß sie sich dreist und unverschämt aufführen. Das war bei den Parteitagen in Nürnberg nicht anders als bei Rock am Ring 2006, als der arme Bushido im Bierflaschenhagel unterging.
Der Mensch in der Masse ist mein Freund nicht. Der Mensch in der Masse sollte einfach mal die Fresse halten.

Samstag, 17. März 2007

Heilfasten

Es ist gut, auf sich zu achten. Lange Zeit habe ich die Signale, die mein Körper mir gesendet hat, ignoriert. Früher war ich immer sehr gehetzt und wußte nicht, wie ich all die vielen Aufgaben des Tages in nur vierundzwanzig Stunden erledigen sollte. Abends fühlte ich mich oft matt und wie erschlagen. Auch für meinen Partner hatte ich da keine Zeit mehr.
Doch nun, da ich mit Doktor Pimmelmanns einzigartigem Diätplan eine neue Form von Striktheit in mein Leben gebracht habe, fühle ich mich wie neu geboren.
Auch meine Arbeitskollegen in unserer Kommunikationsagentur sagen mir jetzt häufig, daß ich viel frischer und ausgeruhter aussehe.
Ich denke, Heilfasten ist eine gute Methode, um mit mir selbst wieder ins Gleichgewicht zu gelangen.
Ich fühle mich jetzt zum ersten Mal seit langen Jahren wieder richtig wohl in meiner Haut.
Ich ruhe in mir selbst und bin innerlich völlig entschlackt. Leider ist die Schlacke in meinem Schädel noch nicht verschwunden.

Sonntag, 11. März 2007

Leserbriefe

Nein, nein, nein, es muß einmal ein Ende haben. Also Schluß mit dem Strich, sonst ziehe ich mich noch selbst als Furche hinters Haus quer und mittenmang durch die Wiese. Dann könnt Ihr alle mal sehen, wo Ihr bleibt.
Ich will in diesem Leben keine Leserbriefe mehr lesen müssen. Die sind bäh. Und nichts anderes.
Sollen sie doch lieber auf der freigewordenen Seite eine Anzeige für irgendein Tittenheftchen schalten, da hat der Leser deutlich mehr von. Das Auge ißt doch auch mit und so.
Im Ernst: Wenn ich Lieschen Müllers Meinung hören will, dann frage ich sie. Und am Stammtisch sind wir hier ja schließlich auch noch net, oder? Also, was soll der Kack?
Wirkungsmächtig bin ich selbst und wenn ich Polemik brauche, rufe ich meinen Opa an. Der könnte Euch Stories erzählen, Junge, Junge, das haltet Ihr im Kopf nicht aus.
Wer sich schon unbedingt und um jeden Preis produzieren will, der soll lieber mal Kinder zeugen gehen.
Davon braucht Deutschland reichlich. Aber bitte keine Leserbriefe mehr.
Danke.

Samstag, 3. März 2007

Ein Märchen aus uralten Zeiten

Wumbaba, der weiße Neger, stürmte ins Auditorium und rief mit Mark und Bein durchdringender Stimme: Alles in Deckung! Ich mussen machen Kacka! Ganz groß stinkistinki!
So hatten Mark und Bein nun aber eben nicht gewettet und stellten deshalb Wumbaba zur Ruhe.
Junger Mann, setzte Mark an, Sie wissen schon, daß Sie hier in einer wissenschaftlichen Einrichtung sind, in der es sich nicht gehört...
Ja ja, fuhr ihm Wumbaba forsch dazwischen, ich wissen, alles gut, Deutscheland schöne Land, aber ich mussen wirklich ganz schnell machen Kacka! Sonst Wumbaba noch platzen!
Wie stellen Sie sich das denn überhaupt vor? wollte daraufhin Bein wissen, der sich auf diesem Wege auch mal ins Gespräch einklinken wollte. Sie sind vielleicht nicht mit den Gepflogenheiten in unserem Kulturkreis so wahnsinnig vertraut, aber dies hier ist noch immer ein Auditorium und mitnichten eine Bedürfnisanstalt.
Ah, das kein Problem! versetzte daraufhin der Zweckoptimist Wumbaba und setzte dazu auch noch gleich sein gewinnendstes Lächeln auf. Ich mir einfach graben Loch in Boden von Steppe und machen Kacka da rein!
Mein Herr, versuchte Mark nun noch einmal den Neger zur Räson zu rufen, dies ist aber, wie Sie unschwer erkennen werden, kein Mischwald, sondern reinster Linoleumboden. Da versuchen Sie mal so auf die Schnelle ein Loch hineinzubekommen, und Sie werden Ihr blaues Wunder erleben.
Du gleich erleben braunes Wunder! entgegnete Wumbaba wütend, der inzwischen doch schon einiges auszusetzen hatte an der sprichwörtlichen deutschen Gastfreundschaft. Und, wie zur Entschuldigung, setzte er noch kleinlaut hinzu: Du weißt, die bösen Bohnensupp aus Kantin.
Was ist denn das hier für ein Selbstmordanschlag? erkundigte sich in diesem Augenblick die hinzugeeilte Paris Hilton, die erst neulich auf ihrer eigenen Geburtstagsfeier bittere Tränen vergossen hatte (aus Gründen, die wir hier an dieser Stelle nicht näher erörtern mögen).
Hallo Paris, du geilen Nudel! rief Wumbaba aus, der sichtlich erfreut war, die Millionenerbin hier anzutreffen. Ich mussen Kacka! Aber ganz doll!
Nur ruhig Blut, Wumbaba, das ist doch überhaupt kein Problem, sagte Paris daraufhin und schlug dabei ganz bezaubernd ihre blauen Äuglein auf. Mein Privatjet parkt im Innenhof der Universität, hier gleich um die Ecke. Komm einfach mit und erleichtere dich dort.
Danke, Paris! brach es aus einem sichtlich bewegten Wumbaba heraus, der nicht mehr an sich halten konnte und Fräulein Hilton einfach umarmen und ihr einen dicken saftigen Kuß auf die zarte Wange drücken mußte. Du bist ein super Schatzi! Und mit einem verächtlichen Blick in Richtung von Mark und Bein: Nix so wie doofen deutsch Akademikers!
Damit zogen Paris und Wumbaba ab und lebten glücklich bis an ihr Lebensende.
Mark und Bein, die in den letzten Minuten Rotz und Wasser geschwitzt hatten, atmeten nun doch erleichtert auf und ließen sich erschöpft wieder zurück auf ihre Sitzplätze sinken.
Die Vorlesung konnte beginnen.