Montag, 29. September 2008

Statt Kunst: Pfusch am Bau

So sprach der alte Häuptling der Indianer, Hugo Geigenkasten: Das Normale ist eben nicht normal. Was ihr Spargelstecher für einfach haltet, ist in Wahrheit schwer und umgekehrt. Das in euren Augen Abgepflückte, Ausgeflippte, bemüht Andersartige ist das Leichte, das sich von selbst Ergebende. Wer ordnen will, hat schon verloren und bleibt, als was er war, ein Depp.
Selig ist, wer im Sturmesbrausen schwarze Kapuzenpullis trägt und vergißt, das er nicht zu retten ist. Von wem denn auch?
Vergebung gibt es nicht, sie ist ein rares Gut, und doch strebt jeder Hornochse danach, ihr entgegen und zugleich von ihr weg.
Bevor ich die Vagina meiner Sehnsucht erklimme, besteige ich noch eher ohne Sauerstoffgerät die vierzehn Achttausender auf dem Meeresgrund der Nordhuder Seenplatte. An die Frau ist einfach nicht ranzukommen. Dann eben Kontrastprogramm. In dem Fall: Kunst.
Das geht gut rein und geht gut raus, Fleckensalz auf den Lebenslauf, und ausgewaschen sind die kleinen Mißtöne im Unsummenspiel namens Nietzsche.
Leben ist das Salz in der Suppe der Hingerichteten, und bevor du Augenthaler verstehst, was einen Künstler von einem Vollpfosten unterscheidet, geht der Mond im Westen dreimal auf, und hinter Bielefeld dreht er eine Pirouette, die ihresgleichen sucht im Fischsortiment.
Du aber, der du ein solch großes klaffendes Maul besitzt und meinst, es besser zu wissen, kannst beherzt schon mal den nächsten Atomangriff erwarten, also grab dich ruhig im Garten der Geriatrie ein, denn so und nicht anders läuft es doch: Idioten an der Regierung, Idioten an der Wursttheke, Idioten auf dem Dach, und nur Füchse bleiben im Bett.
Das ist alles, was ich dir nicht zu sagen habe, und aus genau diesem Grund habe ich es ja auch eben getan. Schließlich gibt nur die Zweckrichtung die Entfernung zum nachbarschaftlichen Voyeurismus vor.
Ein letzter Blick aus dem Fenster offenbart das Wetter von heute, genauer, als es Kachelmann je könnte. Regen. 19 Grad.
Ein Blick in den Fernseher offenbart Ungläubigkeit: Stay, baby, stay, just the way you are with me... Applaus. Dankeschön. Einfach rot, einfach doof.
Ich mach dann mal aus.
Und ab.

Montag, 22. September 2008

Die sich selbst erfüllende Partie Golf

Als Paul Watzlawick noch lebte, war ich eine Zeitlang eng mit ihm und seiner Frau befreundet.
An einem Sommertag im Jahr 2006 gingen wir miteinander golfen. Es war einer der letzten Ausflüge Pauls an die frische Luft, bevor ihn seine schwere Krankheit in den letzten Monaten seines Lebens fast vollständig ans Bett fesseln sollte.
Er sah gut aus in seinem Hawaiihemd und war, im Gegensatz zu mir, frisch rasiert.
Ich weiß nicht mehr, wie, aber irgendwie kamen wir auf das Mädchen zu sprechen, das ich erst vor kurzem kennengelernt hatte und bei dem es nicht im entferntesten so lief, wie ich das gern gehabt hätte.
Ach ja, die Frauen, seufzte Paul und fiel dabei für einen kurzen Moment in den melancholischen Singsang seiner kärntnerischen Heimat zurück.
Dann setzte er in blütenreinstem Kalifornisch hinzu: Du weißt doch, was ich über die sich selbst erfüllende Prophezeiung geschrieben habe, oder?
Und du, Paul, weißt doch, daß ich nie eins deiner Bücher gelesen habe, gab ich zu denken.
Na schön, sagte Watzlawick daraufhin, kratzte sich am Kinn und machte sich für den nächsten Abschlag bereit. Dann eben hier noch mal für dich die Kurzfassung: Wenn du denkst, daß sie dich nicht wird lieben können und du dich deshalb von ihr schlecht behandelt fühlst, so wirst du in Zukunft bei ihr nicht mehr frei und locker aufspielen können. Wenn du zum Beispiel bei eurem nächsten Treffen übellaunig oder aggressiv oder traurig oder zu fordernd wirst, dann handelst du dir im Endeffekt genau das ein, was du immer befürchtet hast. Nämlich einen Korb. Also bleib um Himmels willen locker. Vor allem in den Knien. Denn du wirst immer eine Möglichkeit finden, dich unglücklich zu fühlen, wenn es das ist, was du willst.
Da begann ich langsam zu verstehen und reichte ihm mit einem Nicken das Siebener Eisen.

Montag, 15. September 2008

Fragen, die die Welt bewegen

Wohin mit dem ganzen Geld? Warum bist du reich und warum bin ich arm?
Apropos: Arme. Wie masturbieren eigentlich Contergan-Geschädigte? Ich meine, mit DEN Ärmchen... Und überhaupt: Kann denn Liebe Sünde sein?
Sind Zebras weiß mit schwarzen Streifen oder schwarz mit weißen Streifen?
Wann wird’s mal wieder richtig Winter?
Was ist Gefrierbrand?
Wo zum Geier liegt Ostwestfalen?
Warum schmeckt es nirgends so gut wie bei Muttern?
Wofür gibt es dreiundvierzig Fernsehsender, wenn ich doch immer nur einen schauen kann?
Was war zuerst da? Die Macht oder der Wille?
Wußten Sie schon, daß weibliche Bachforellen den Orgasmus vortäuschen?
Wäre Van Gogh auch ohne Hände ein großer Maler gewesen? Ist die Ratte, die in der Kirche eine geweihte Hostie frißt, nun auch selbst geweiht? Wie viele Federn passen in den Flügel eines Engels? Sind das jetzt noch Fragen oder schon bloße Spitzfindigkeiten?
Kann es sein, daß die meisten Deutschen George W. Bush deshalb nicht mögen, weil der kleine Mann auf der Straße es einfach nicht gerne sieht, wenn einer aus seinen Reihen plötzlich ganz oben ankommt: der ist doch genauso blöd wie ich, warum werde ich dann nicht auch Präsident?
Ist Neid immer noch die Triebfeder Nummer 1 unseres Landes?
Arbeite ich in diesem Job wohl nur wegen der schnellen Mark?
Wußten Sie schon, daß der Regenbogen das gebrochene Sonnenlicht ist, das aus einer Regenwand zurückstrahlt? Wenn nein: Warum nicht?
Reicht das? Kann ich jetzt aufhören?
Wofür halten Sie sich eigentlich?
Wo kommen wir denn da hin?
Was haben Sie sich denn dabei gedacht?

Dienstag, 9. September 2008

Anna, Nicole, Schmidt

Anna, Nicole und Schmidt trafen sich zur Erinnerungsversammlung. Die Parkbank vor Schmidtis Haus schien ihnen dafür genau der righty-right place to be zu sein.
Anna begann gleich mit einem lustigen Ereignis aus ihrem Leben, der Welt des Verlesens, Verlachens und der Legasthenie. Das ging so: Freitag wollte ich in einem Restaurant speisen. Doch bereits beim Lesen der Karte wurde mir ganz blümerant zumute. Ich meine, was bitteschön soll denn das sein – Petersiler-Däpfel?
Au Backe, und was hast du dann gemacht? erkundigte sich Nicole besorgt.
Na, ist doch ganz klar, antwortete Anna fröhlich, ich hab mir einen Döner geholt und gut ist.
Schmidt sagte nichts und dachte nur so bei sich: Wie beruhigend, daß heute keine Frauen mehr ertränkt werden. Wie beunruhigend, daß sie das Wahlrecht besitzen.
Das behielt er aber besser mal für sich. Die Gedanken sind frei, logo, doch aussprechen sollte man nicht alles, was einem unter dem Pony durchs Oberstübchen marschiert. Und Schmidt war sowieso, alles in allem, mehr der große Schweiger. Geltungstrieb hatte er nie. Ambition, was ist das? Ehrgeiz – nie gehört. So slackte Schmidt genußvoll durchs Heute und alle Tage. Und auch die Frauen standen drauf.
Als nächstes wollte Nicole was sagen, sie hatte neulich ein Buch über Buddhismus gelesen, und darum lautete ihr Motto seitdem: Wer es eilig hat, muß langsam gehen (wußte schon Konfuzius). Das hatte sie nicht gleich verstanden, ebenso wie folgenden Sinnspruch: Erst, wer seinen Ort oder Platz gefunden hat, kann diesen verlassen, in dem Sinne, eine Reise anzutreten, die insofern zweckgerichtet ist, als sie mit einer Rückkehr zu ihrem Ursprungsort enden soll.
Da war bei ihr erst mal nur weißes Rauschen unter dem Pagenschnitt angesagt. Aber egal, irre gut kam das alles irgendwie trotzdem, man mußte dann halt mehr auf den Sound, das Feeling achten als auf die Aussage, dann ging das schon.
Jetzt aber endlich das, was Nicole meinte, unbedingt loswerden zu müssen: Ich war neulich mit Wolfgang im Museum. Wir haben uns alles angeguckt. Danach waren unsere Augen voll. Wir hatten Hunger, also gingen wir zur Frittenbude. Da meinte er auf einmal, mitten beim Zigeunerschnitzel: Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du gern Knoblauch essen. Und jetzt weiß ich nicht, ob ich ihn wiedersehen will. Echt, das ist total schwierig für mich. Ich kann da gar nicht mit umgehen. Und hinterher tut mir immer alles leid. Ich bereue eigentlich mein ganzes Leben. Bei manchen Menschen ist es schon eine Beleidigung, wenn sie nur einen Satz mit Ich beginnen. Meinereine bildet da keine Ausnahme.
Um die angeschlagene Stimmung an diesem lauschigen Nachmittag wieder ein bißchen aufzuheitern, faßte sich nun auch Schmidt endlich mal ein Herz und ließ was vom Stapel: Mädels, begann er, auf der Straße sprach mich gestern ein junger Herr an. Er sagte voller Stolz: Mein Schwanz ist 21,5 cm lang. Darauf fiel mir nichts Besseres ein als: Dann sieh mal zu, daß du was draus machst. Mit diesen Worten entließ ich ihn in den verdienten Feierabend.
Anna prustete sofort los. Nicole hingegen verstand das schon wieder nicht, aber, wofür sind Freunde denn sonst da, sie lachte trotzdem tapfer mit.

Montag, 1. September 2008

Stell Dich Du Mörder !

Es war mal wieder ein kleines Mädchen umgebracht worden. Na ja, Schwamm drüber, so was kam in den besten Familien vor.
Die Bürger der Stadt hatten diese neue Lockerheit aber eben noch nicht für sich angenommen und waren echt ziemlich verbiestert drauf. Einer hatte sogar ein weißes Bettlaken aus seinem Küchenfenster gehängt, auf das er mit roter Farbe geschrieben hatte: Stell Dich Du Mörder !
Die Stimmung war unerträglich und die Aggression, welche in der Luft lag, zum in Scheiben schneiden dick.
Eines Tages begab es sich nun, daß ein junger Mann bei der örtlichen Polizei anrief.
Guten Tag, sagte er, ich halte es nicht mehr aus. Ich möchte mich gern stellen.
Der diensthabende Wachtmeister am anderen Ende der Leitung war aber schwer auf Zack und deshalb nicht bereit, den Anruf einfach so kommentarlos hinzunehmen. Das Leben ist schließlich kein Wunschkonzert.
Darum fragte der Wachtmeister erst mal kritisch nach: Schön, schön, aber die entscheidende Frage ist doch, ob sie überhaupt der Mörder sind? Nun? Wie steht’s damit, Meister?
Tja, ähm, begann der junge Mann und geriet augenblicklich ins Straucheln, eigentlich nicht, also, ähm, nee, ich war auch gar nicht am Tatort, aber, aber irgendeiner muß es doch auf sich nehmen.
So haben wir jetzt nun nicht gewettet, Sportsfreund, antwortete ihm der zusehends ungehalten werdende Wachtmeister. Also, paß mal auf, Bürschchen, Lektion 1 der Polizeiarbeit: Erst mal mußt du was auf dem Kerbholz haben, sonst geht da gar nichts. Wir haben unsere Zeit schließlich nicht gestohlen. Also sieh zu, daß du entweder Land gewinnst oder aber erst mal einen umbringst, bevor du dich stellst. Und ruf bloß nicht wieder an. Wir sind hier schließlich nicht bei Domian.
Eine Woche später erstach der junge Mann dann seine Vermieterin. Der Wachtmeister war’s zufrieden. Es ist immer gut, wenn sich Lernerfolge einstellen.