Dienstag, 24. Februar 2009

Elektrisches Geheul I

Ein Schmerz in der Brust, der nicht nachläßt.
Der hartherzig ist und nicht nachgeben kann.
Der mich bezwingt und dich beeindruckt.
Ein ungeladener Gast, der die Party sprengt und sich auch von der drohenden Polizei nicht abschrecken läßt.
Ihn kann doch keiner.
Und nach ihm der Gerichtsvollzieher.
Als es dämmerte, war uns noch vieles unklar.
Um Zeit zu sparen, verlas sich die Anklageschrift selbst.
Es war so völlig offensichtlich, daß uns bloß noch die Abwesenheit von allem als letzter großer Verbündeter geblieben war.
Unser heimliches Werben wurde über Nacht zu einem Vergehen und Verglühen.
Deine gierige schwarze Seele hatte mit der Zeit meine salzigen Eingeweide ausgeplündert.
Ich wußte es nicht besser und hatte es darum geschehen lassen.
Ihre gierigen Blicke hatten mich bis auf die Knochen ausgezogen.
Nur einmal jung zu sein kann eine unerhörte Gnade darstellen.
Schulterblätter wehten im glorreichen Hauch unseren fauligen Atems.
Wohlige Wärme durchströmte mich bei der aufkommenden Erinnerung an die silbernen Tragflächen.
Auf denen war einst der große edle Wolf mit seinen blanken Zähnen zu uns herabgestiegen.
Die Wunden der Anderen waren uns egal.
Melodramatisch waren wir selbst.

Montag, 16. Februar 2009

Gib Nazi eine Chance

Die süße kleine Nazi. Ein liebes Mädchen. Nur beim Vornamen haben sich ihre Eltern einen groben Scherz erlaubt. Der Mann vom Amt, auch sonst kein Quell von Traurigkeit, war darauf glatt eingestiegen. Und Nazi hatte den Salat, ein Leben lang.
Doch sie nahm es mit Humor. Gemutsmäßig war sie ein totales Sonnenscheinchen. Das half ihr über vieles hinweg, wo mancher schon eingebrochen wäre wie auf zu dünnem Eis. Sie aber nicht. Nein, Sir. Ein role model war sie durch und durch.
Ihr bester Freund war ein Junge namens Susi. Seine Eltern hatten in ihrer Prägephase einfach zu viel Mike Krüger gehört.
Als es nun also bei Susi an der Türe klingelte, wußte dieser gleich, daß es sich bei der Einlaß wünschenden Person nur um die süße kleine Nazi handeln konnte. Diese hatte sich bereits im Vorfeld weiträumig telefonisch angekündigt. Susi drückte also den Türöffner und ließ gewähren.
Hallo Nazi! flötete der gut gelaunte Susi bereits im Hausflur. Schön, daß du da bist. Hätte ich dich heute erwartet, hätte ich Kaffee gekocht und Kuchen da.
Als Nazi die Küche im Jugendstil betrat, standen da brühwarmer Kaffee und ein riesiger selbstgebackener Schokoladenkuchen. Das war so ungefähr Susis Witzniveau.
Am Anfang, als sie sich kennengelernt hatten, hatte sie Susi, zugegeben, ein bißchen genervt, weil er immer so scherzhaft von Fickificki und Heiraten sprach. Das hatte sie ihm aber mit der Zeit abgewöhnt. Sie wollten jetzt einfach nur Freunde sein. Also Nazi wollte das. Und da sie eine Prinzessin war, bekam sie immer, was sie wollte.
Davon, daß Susi beim Onanieren manchmal noch immer an sie dachte, hatte Nazi keine Ahnung. Das war wohl auch im Endeffekt echt besser so. Denn hätte sie davon Wind bekommen, dann hätte sie sich sowieso nur wieder total und tierisch aufgeregt.
Während die zwei nun genüßlich mit klebrigen Pfoten den Kuchen verspeisten, unterhielten sie sich über die akuten Luxusprobleme unserer Tage: Immer, wenn ich ins Internet gehe, gewinne ich einen Audi A3. Das mußt du dir mal vorstellen, Nazi. Ich weiß schon gar nicht mehr, wohin mit den Dingern. Entweder ich muß bald anbauen oder ich verkaufe sie bei eBay.
Du kannst mir ja einen zum Geburtstag schenken, kicherte Nazi. Der fiel dann auch noch was ein, um das launige Gespräch in Gang zu halten: Weißt du was, Susi? Ich schreibe seit neuestem Kurzgeschichten für einen Internetblog. Aber eigentlich nur für mich selbst.
Echt? meinte daraufhin Susi und zeigte sich eine Spur zu begeistert. Er grinste und sagte: Mir gefällt deine Zielgruppe.
Manchmal war sich die süße kleine Nazi gar nicht sicher, wie sie seine Scherze aufzufassen habe.
Aber sein Schokoladenkuchen war echt lecker. Dafür nahm man auch hier und da mal einen unerwünschten verliebten Blick von der Seite in Kauf.

Dienstag, 10. Februar 2009

Die Connection steht

Der feine Freiherr Dragomir Ingomar von Hodenstein sprach mal wieder ebenso weltabgewandt wie von sich selbst angetan in sein desinteressiertes Gegenüber rein. Hier nun, was wir von seinen Auswürfen auf die Schnelle notieren konnten. MAZ ab.
Die Mitte kann nerven. Die Abseitsstellung aber auch. Aus Hingeworfenem mache ich Dazugelegtes, aus Liebe ein leckeres Sorbet. Ich weiß nur noch nicht, wie man das schreibt. L I E H B E.
Als Disziplinarstrafe empfiehlt sich da, vorzüglich bei Legasthenie, doch auch sonst so, die Niederhockung neben einen handelsüblichen Anrufbeantworter, der ständig befeuert, aber nie besprochen wird. Idioten ohne Mund lassen es durchklingeln, aber legen gleich wieder auf, ohne zu sprechen. Das bitte fein säuberlich durchprotokollieren mit Datum, Uhrzeit, Form und Farbe des konstitutionellen Ablaßhandels.
Technik begeistert schon lange nicht mehr. Sie verarscht uns doch eher, als daß sie den Alltag gemütlicher macht. Klappbox, klappt vor und zurück, klappt aber gar nicht. Darum mein Vorschlag zur Güte: Wir tun jetzt mal so, als würden wir uns füreinander interessieren. Anschließend haben wir dann Sex, und ich mache den Abwasch. Na, bin ich nicht ein gutes Hundilein? Jetzt will ich aber auch einen Knochen. Kann auch ruhig von einer Leiche stammen.
Apropöchen, talking of the dead: Es stand heute morgen in der Zeitung, also muß es stimmen – Tote Flüchtlinge entführen Ausländer auf US-Kosten. Ich habe immer schon gesagt, daß mit diesen Zombies nicht zu spaßen ist. Nur muß man denen halt auch mal verklickern, daß sie umzufallen haben, wenn man ihnen in den Kopf schießt. Denn sonst, so völlig ohne Spielregeln, macht auch die Apokalypse keinen Spaß. Daran ist nicht zu rütteln, komme, wer da wolle, meinetwegen Milla Jovovich in einem hochgezüchteten Ego-Shooter oder der Papst beim Sparring im Kettenhemd gegen Regina Halmich.
Mittagspause schon vorbei? Okay, dann halt wieder Tagesgeschäft: Wir, also die Leute, die sich erdreisten, von Freundschaft zu sprechen, klöppeln Folgendes hinter vorgehaltener Hand in den Himmel voller Geigen und Gehässigkeiten – Frollein Blut ist eine zierliche Nervensäge auf der Suche nach Hämoglobin. Streberleichen wie sie haben wir früher aus dem Fenster geworfen und dabei gehofft, daß sie niemals unten ankommen. Heute aber machen wir geliftete Miene zum abgekupferten Spiel, denn schließlich gibt sie uns das Geld. Ja, Chef, danke, Chef. Wir lieben Sie auch.

Dienstag, 3. Februar 2009

Blöd zu sein bedarf es wenig

Der kalte Brei schmeckte Dörte Densing nicht mehr. Überhaupt war sie über ihrer Stelle als Chefsekretärin eines großen Verlagsunternehmens nicht nur leicht nervös, sondern auch übelst abgestreßt und liederlich geworden.
An manchen Wochenenden kam sie gar nicht mehr raus aus dem Bett und wenn doch, dann lief sie achtundvierzig Stunden lang orientierungslos im Winnie-Puh-Schlafanzug durch ihre abgedunkelte Wohnung.
Frei vor sich hin zu denken, das wußte Dörte immerhin, dazu bedarf es einer großen geistigen Kühnheit. Man könnte allerdings auch sagen, daß man dafür einfach nur ein bißchen unvorsichtig, doof und naiv sein muß. Am Ende läuft das wohl auf das selbe hinaus.
Der große Intellektuelle und der große Tölpel unterscheiden sich nur in Nuancen voneinander. Der eine trägt Anzug, der andere läuft durch den Tag wie der letzte Kartoffelbauer. Ansonsten sind sie jedoch Zwillinge, bei der Geburt getrennt.
Unterdessen machte sich in Dörtes Schuhschrank mal wieder die Eintönigkeit breit. Das Furnier lag auf der faulen Haut und verpraßte die letzten Reste vom Begrüßungsgeld. Sparsam war es nie gewesen.
So bei sich dachte es einen Moment lang: Morrissey ist eine Muschi. Franz Josef Strauß, das war noch ein richtiger Mann.
Da kam aber auch schon Tommy Lee Jones um die Ecke und klärte das Furnier über seine Rechte auf. Das Recht, furchtbar bös aufs Maul zu kriegen stand dabei ganz oben auf dem Wunschzettel.
Denn Tommy Lee Jones, Land auf und Land ab als Mann der Tat bekannt, verhandelte nun mal nicht mit wurmstichigen Psychopathen. In der Hinsicht waren sie alle gleich, diese vor ihrer Zeit hartgewordenen Einzelkinder.