Montag, 10. Dezember 2007

Pop Life III

Wie beim letzten schonungslosen Durchlauf gezeigt, geht von den Nachwuchskräften, der Stimme der Jugend, wenn man so will, keinerlei ernsthafte Kraft zur Erneuerung mehr aus.
Es ist prinzipiell egal geworden, wer auf und wer vor der Bühne steht. Auch mit dem Begriff des Künstlers hat man es nicht mehr so, man ist heutzutage lieber, Achtung, englische Aussprache, Artist.
Doch was hieße schon noch Künstler, selbst wenn der Begriff, was er aber sowieso nicht mehr wird, noch ernstgenommen würde, wo doch mittlerweile jeder Zweite mit T-Shirt und Jeans die Bühne entern darf?
Die Deutschen, so scheint’s, mögen keine Stars mehr, larger than life hat wohl konzeptuell endgültig ausgedient. Wo ist der neue Falco, der nächste Kinski, einer, der sich nicht gemein mit dem Publikum macht, sondern von Anfang an klarstellt, daß er eben nicht einer von denen ist, sondern mehr? Statt dessen brunzt einem allüberall nur noch Beliebigkeit und Austauschbarkeit entgegen, Mario Barth statt Karl Valentin und so weiter.
Doch nicht nur von den Jungen, sondern auch vom vermeintlich gesetzteren, bürgerlichen, etablierten Spektrum in der Populärmusik ist wenig Besserung zu erwarten.
Wer es sich aufgrund seiner Umsatzzahlen wirklich leisten könnte, einen auf Großkotz zu machen, betont lieber bei jeder sich bietenden Gelegenheit, daß auch er natürlich total auf dem Teppich geblieben ist.
Herbert etwa stolperreimt sich weiterhin unverdrossen in Richtung Hobby-Hölderlin, was seine Fans zum Glück immer noch nicht bemerkt haben, denn sonst wäre der Ofen möglicherweise schneller aus, als eine alte Frau sich das optimistische Lied mit dem Eisbärvideo (Jahre vor Knut, so viel Geistesgegenwart und Pioniergeist war dann immerhin doch) beim Frühstücksradio ihrer Region wünschen kann.
Wir sind Helden bleiben konstant das, was sie immer schon in erster Linie waren: niedlich, aber zugleich auch unglaublich nervig.
Da bekäme man fast schon Lust auf Juli oder Rosenstolz, wenn die nur a) nicht so schrecklich vertrottelt-unmelodiös und b) nicht so tuntig-überemotional wären.
Doch all diese Bands nehmen sich immer noch wie eine Wohltat aus gegen das personifizierte deutsche Grauen unserer Tage: Silbermond, die für alles stehen, was grundfalsch und hundertprozentig ablehnenswert ist. Das Konzept dahinter ist eh klar: Mädchen vorne, Jungs im Rücken, schlechtsitzende Frisuren und Lederjacken vom Designer, irre rockig, ja klar, aber wohl nur für Menschen, die auch BAP oder PUR für Rock halten, also allen Ernstes als derselben Musikgattung wie Motörhead oder die Ramones zugehörig.
So viel Dummbatzigkeit schockt. Aber eben nicht den Ahnungslosen. Der richtet sich unterdessen nämlich bequem ein in seinem emotionalen Ohrensessel und will umwallt werden von unverbindlichen, klischeehaften Befindlichkeitstexten und schlicht arrangiertem Hau-drauf-Rock ohne Schwung und ohne Groove.

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