Freitag, 15. Juni 2007

Kein Mann für eine Nacht

Heute morgen stand etwas über mich in der Zeitung. Die Überschrift lautete: Deutsche Männer interessieren sich immer weniger für Sex. Yessir, so sieht’s mal aus.
Wer genau hinsieht, erkennt heutzutage an den Herren der Schöpfung deutlich einen neuen, aufregenden Trend: den hin zu einer neuen Prüderie. John Cassavetes wußte es schon immer, der war bereits in den 1960ern zu dem Schluß gekommen, daß jede Frau besser aussieht, wenn sie Klamotten anhat, als wenn sie nackig vor einem steht. Langsam sickert dieses Wissen nun auch in unsere Gesellschaft ein.
Die Frauen jedoch sehen gar nicht ein, warum sie sich plötzlich bedecken sollten. Sie haben schließlich jahrzehntelang verbissen dafür gekämpft, auch mal blank ziehen zu dürfen. Schlechte Manieren an den Tag legen, das erscheint ihnen heute als höchste Form der Emanzipation.
Eine Umfrage des Kondomherstellers Durex ergab: Jeder dritte Mann würde für Geld auf Sex verzichten – und das lebenslänglich. Ich reihe mich da gern ein, denn auch mir ist schon seit langem die Lust vergangen.
Drei Viertel aller Männer finden es in Ordnung, wenn im Bett mal weniger läuft. Bei den Damen sehen das hingegen nur 58 Prozent so. Gar jeder zweite Mann freut sich sogar mehr auf das Vorspiel als auf den Vollzug an sich. Und jeder Vierte knipst, wie zu Großmutters Zeiten, das Licht aus, wenn es zur Sache geht. Mann, übermüdet von der tagtäglichen medialen Bilderflut, will die Frauen auch gar nicht mehr sehen. Schließlich kennt er doch schon alles. Die holde Weiblichkeit aber will dies nicht auf sich sitzen lassen: Schon fordern 43 Prozent der Frauen energisch, daß er sie gefälligst nackt ansehen soll, so wie sie sind.
Und jeder fünfte Herr befürchtet gar, daß seine Partnerin öfter Sex haben will als er. Und womit? Mit Recht. Denn mit dem Rückzug der Männer geht zugleich ein Prozeß der gesteigerten Unverschämtheiten auf Seiten der Frauen einher, die immer aggressiver ihre sexuellen Wünsche artikulieren und regelrecht mit Schaum vor dem Mund auf ihren anvisierten Adonis losgehen, der es ihnen doch gefälligst besorgen soll. So zur Brust genommen, wundert es nicht, daß dem Knaben dann auch noch der letzte Rest der Libido schlagartig schwindet.
Die Frauen von heute beklagen sich darüber, noch nie von einem fremden, sympathisch wirkenden Mann angesprochen worden zu sein. Ihre Verwunderung darüber würde sich in Grenzen halten, wenn sie ab und an mal kritisch in den Spiegel schauen würden.
Gerade die jungen Dinger sind es, die sich nach den überkommenen Männlichkeitsbildern sehnen, welche ihre Mütter vor über dreißig Jahren endgültig in die emanzipatorische Tonne gekloppt haben. Am liebsten würden sie mal wie die Tiere rammeln wollen und von einer fleischgewordenen Naturgewalt, die sie erobert wie eine Großmacht einen Zwergstaat, vernascht werden.
Darauf können sie allerdings lange warten, denn Testosteronhengste gibt es nicht mehr. Die Männer sind jetzt einfühlsam und gelassen, sie können kochen und putzen und sind somit letzten Endes feminin.
Der gefühlsbetonte Bruce Darnell ist das Vorzeigemodell unserer Zeit und nicht mehr Arnold Schwarzenegger als grunzender Barbar Conan. Harter und dreckiger Analsex ist nicht mehr, die Dampframme hat ausgedient.
Männer machen nun das, was früher nur die Frauen taten: Sie lassen die Damen zappeln, lächeln scheu und locken sie erst an, um sie dann doch abzuweisen.
Mann sitzt bei der Madame daheim auf der Bettkante, sie hält es vor Erregung kaum noch aus und ist bereit, sich ihm hier und jetzt hinzugeben – da fällt ihm auf einmal ein, daß er sie jetzt, beim zweiten Date, vielleicht doch noch nicht ausziehen will, sondern erst mal in Ruhe kennenlernen, als Mensch.
Wer die jungen, modernen Herren von heute erobern will, dem muß klar sein: Ohne Gefühl geht es dabei nicht. Ihre Körper bekommt nur, wer auch ihr Herz will. Die Frauen werden sich darauf einstellen müssen.

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