Dienstag, 23. Dezember 2008

Jahrestag

Heute abend werde ich romantisch, denn es ist Jahrestag.
Heute vor einem Jahr gab mir meine Angebetete ihr Nein-Wort. Unmißverständlich war das. Und doch werde ich sie nie vergessen. Es waren interessante Regentage.
Die Brüste von Naomi Watts auf meinem Computerbildschirm sind alles, was mir noch geblieben ist. Und der alte Seesack an der Wand neben dem Pferdehalfter ist gar kein Seesack, sondern stellt sich bei genauerer Betrachtung als ein vertrocknetes Flußpferdskrotum heraus. Die Wunder der Tierwelt, zum Greifen nah und doch so fern.
Irgendwann kam ich heute nach Hause. Wohin soll ich auch sonst? An die Hauswand war da mit Edding geschrieben: I love Fatma. Super, dachte ich da bei mir, I love nichts.
Ich bin ein blöder Idiot, dem niemand mehr den Kopf streicheln mag. Es gibt keine Liebe mehr unter den Menschen. Über ihnen aber auch nicht.
Dabei ist doch zauberhaftösestes Wetter an der Fensterscheibe, von draußen. Ich bleibe aber trotzdem lieber drin, drum und dran und hangele mich durch meine Erinnerungen.
Es war im letzten Winter. Niemals wieder war mir so warm wie da. Ich hatte Tuberkulose, ohne es zu wissen. Gesagt war schon alles, erreicht so gut wie gar nichts.
Ich nahm noch mal meinen ganzen Pennälercharme zusammen und versuchte es mit einem Bild aus der Zoologie: Das Bestäuben, meine Süße, nutzt doch beiden, der Pflanze und der Biene.
Die Süße neben mir machte jedoch bloß ein verächtliches Gesicht, wozu bei ihrer Visage nicht viel gehörte, rückte von mir ab und gab dem Kellner ein ebenso umständliches wie unmißverständliches Zeichen. Zahlen, Aufbruch. Bitte. Danke. Scheinbar wollte sie partout nicht von mir bestäubt werden.
Zur Entspannung der Situation erzählte ich ihr ein bißchen was vom Dritten Reich. Sie meinte nachher nur so: Früher war es echt krass zu leben.
So gingen wir dann auseinander und sahen uns niemals wieder.
Selbst heute kann es noch manchmal echt krass sein.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Danke sehr an den Autor.

Gruss Tina