Montag, 10. November 2008

Stuhl im Blut

Rosa Düsterberg hatte nicht gut geschlafen. Sie machte sich Sorgen wegen der anstehenden ärztlichen Untersuchung. Der morgendliche schwarze Auswurf erfüllte sie auch nicht eben mit Zuversicht.
Von nun an ging’s bergab. Demnächst womöglich gar Stuhl im Blut.
Sie versuchte sich abzulenken mit Gedanken, die entschieden zu groß waren für ihren kleinen Kopf. Früher, sinnierte sie so bei sich, war alles besser, sogar der internationale Terrorismus. In den 60ern etwa konnte es sich Andreas Baader noch leisten, in einem Porsche zur Arbeit zu fahren. Das kann man heutigen Irakis gar nicht mehr vermitteln. Und trotzdem machen die weiter, als kriegten sie’s bezahlt.
So viel Lebensfreude wünschte sich Rosa auch mal. Doch davon war sie meilenweit entfernt.
Sie erinnerte sich an das gestrige Treffen mit Fred. Das war sehr unangenehm verlaufen.
Fred war ihr zu nah auf die Pelle gerückt und hatte ihr wiederholt ins Auge gespuckt. Nicht, daß er das von weiter Hand im Vorfeld geplant gehabt hätte. Seine Aussprache war einfach nur unverschämt feucht.
Rosa war bei ihrem konspirativen Meeting bei Milchkaffee und Schokocroissants in einem dafür vorgesehenen Straßencafé so unvorsichtig gewesen, zu gestehen, daß sie die letzte, rockistische Platte von Morrissey eigentlich doch ganz gut fand. Aber das mußte nichts heißen, sie mochte ja auch Pete Doherty. Das aber verschwieg sie dem strengen Fred gegenüber lieber mal. Besser ist das.
Kaum hatte sie geendigt, da stach Fred ihr auch schon mit dem Finger ins Gesicht und maulte: Das bißchen angelesen macht dich noch nicht zu einem großen Denker, Frollein Düsterberg, und wer Morrissey allen Ernstes für einen Intellektuellen hält, mit dem ist im Oberstübchen scheinbar wirklich nicht viel los. Am Ende des Tages sind wir schließlich immer noch Gymnasiasten, und wenn WIR schon nicht mehr aufpassen und darauf achten, was cool und was uncool ist, wer tut es dann?
Das leuchtete selbst Rosa irgendwo ein. Style und Attitüde waren doch so wichtig.
Aber vermochten sie etwas gegen schwarzen Auswurf?

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