Samstag, 15. August 2009

Schokoladenjesus

Jahesius Krüst shuffelte sich gemächlich an den Schreibtisch und machte mal wieder was:
Kriegte ich es bezahlt, würde ich mehr schreiben. Würde ich es bezahlt kriegen, wäre es ein Beruf. Wäre es mein Beruf, müßte ich es jeden Tag machen. Täte ich es jeden Tag, würde mir der Spaß daran abhandenkommen. Ohne Spaß, müßte ich mich aber quälen, mir Wörter und Sätze aus der Nase ziehen, Formulierungen abringen. Ich würde zur Worthure. So aber schreibe ich, wie viele junge Männer ficken: zum reinen Vergnügen und nicht für Geld. Cash ist nicht alles im Leben. Sorry Johnny.
Später zog sich Krüst in die Garage zurück, wo er letzte Woche seinen Hund überfahren hatte. Doktor House hatte gemeint, es wäre ein Unfall gewesen, und wer wollte Hugh Laurie schon widersprechen?
Wieder sprechen wir davon, wie des Künstlers Position in unserer Welt ausschaut. Daß ein eigener Stil beim Publikum gut ankommt, muß eigentlich für den Künstler bedeuten, ihn hinter sich zu lassen, den Stil, nicht den Publikum, denn der heißt das.
Auf jeden Fall muß ein Künstler in solch Situation die schrillenden Alarmglocken abschalten, beim lokalen Sicherheitsdienst anrufen, um denen mitzuteilen, daß nichts passiert ist, sich vielleicht noch fix einen Kaffee trinken, aber spätestens dann gleich, sofort und auf der Stelle was anderes als bisher machen. Nicht mehr die typische Scheiße, sondern ganz neue Scheiße abliefern. Nicht mehr oben blau und unten rosa, sondern links schwarz und rechts Zimt. Das gilt natürlich nicht nur für die Malerei, sondern für den Rest auch.
Restlich bedient war unser Krüst, als er abends in den Flimmerkasten schaute, und mein lieber Scholli, was er da für schröckliche Gestalten erblickte, potzblitz, er dachte erst, es wäre ein neuer Zombiefilm von George A. Romero, doch nein, es war dann doch nur Zeit für den beliebtesten Privatsender der Republik.
Früher, also in seinen Jugendjahren, das war gegen Ende des Kaiserreichs, mußte man noch etwas können oder geleistet haben, um ins Fernsehen zu kommen. Heute reicht es schon aus, wenn daheim ein verhaltensauffälliges Kind sitzt, man ein bißchen kochen kann oder aber den ganzen Arsch voll Schulden hat.
Derart angepißt, ging Krüst nach oben ins Schlafzimmer, löschte das Licht und legte Watertown von Frank Sinatra auf. Tolle Platte. Kennt nur keiner.

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