Donnerstag, 6. August 2009

Rechts am Wald

Das Leben schlägt gelegentlich seltsame Pfade ein.
Erst letztens mußte ich beispielsweise, obwohl es so gar nicht meinem Temperament entspricht, einer jungen Dame bei ihrer Scheidung helfen. Irgendwo hatten wir uns wohl gründlich mißverstanden.
Wir kamen, als wir uns begegneten, einfach so miteinander ins Gespräch, und irgendwann erkundigte sie sich dann danach, was ich denn eigentlich so mache, und ich sagte: Rechts am Wald...
Oh, das ist ja toll, unterbrach sie mich daraufhin mit geradezu ansteckender Euphorie in der Stimme und einem vielsagenden Glänzen in den Augen.
Das Tolle daran war mir zwar noch nicht so ganz aufgegangen, zumal sie mich ja auch nicht aussprechen ließ, aber um ihr nicht den Tag zu verhageln, machte ich das Gesellschaftsspielchen einfach mal mit und nickte, wenn auch vielleicht eine Spur zu eifrig.
Sie breitete im folgenden die Trümmer ihrer Ehe vor mir aus und ließ auch ansonsten kein gutes Haar an ihrem Noch-Ehemann.
Erst da ging mir auf, daß sie wohl dachte, ich sei Rechtsanwalt, also Jurist und somit in Scheidungsfragen bewandert. Dabei wollte ich ihr doch eigentlich bloß von meiner Köhlerhütte erzählen, die ich rechts am Wald betreibe.
Damit wir beide in dieser mißlichen Situation das Gesicht wahren konnten, verschwieg ich lieber alles weitere, tat ihr einige Wochen später den Gefallen und vertrat sie vor Gericht. Sie wäre ansonsten doch wohl sehr arg enttäuscht gewesen, und das hätte ich bei dieser reizenden Person einfach nicht übers Herz gebracht. Die Wahrheit ist manchmal schon ein arger Schinder.
Die Verhandlung lief dann auch ganz gut. Ihrem Mann wurden sein alter Mädchenname, der Nagellack und die beiden Meerschweinchen zugesprochen, wofür meine Mandantin zum Ausgleich aber immerhin den Porsche, den Schokoladenspringbrunnen und die handgeklöppelten Orientteppiche behalten durfte. Das Sorgerecht für die 15-Zimmer-Villa am Stadtrand teilten sie sich.
Damit konnten alle Beteiligten gut leben, auch die Meerschweinchen.
Es scheint sich bei mir um ein wahres juristisches Naturtalent zu handeln.
Vielleicht sollte ich das Metier wechseln.

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