Samstag, 12. September 2009

Schreibe von Amanda, denke an den Krieg

Wenn der große Zampano neben dem chronischen Zeitmangel eines satthatte, dann waren es die ständigen Niederlagen und Mißerfolge. Seinen größten Unsinn, in fünf Minuten beim Kacken hingekleckst, feierten die Leute als zeitlosen Klassiker; die guten Sachen hingegen fanden so gar kein Publikum.
Zampano hungerte nach Sieg. Dabei schwebte ihm nicht so ein lausiges 2:1 vor, sondern ein regelrechtes Massaker der guten Laune, ein Triumph, mit großer Parade, Orchester und schulfrei für alle.
Das Problem war nur: Er war jetzt fünfundvierzig, und es waren absolut keine Siege mehr in Sicht, nicht einmal mehr ein ordentlicher Kampf. Die Gegner von einst waren alle so lasch geworden. Früher waren sie noch hungrig und verbohrt, heute genossen sie gute Weine und saßen abends mit der Kanzlerin beisammen.
Langsam kam Zampano an einen Punkt, wo er das alles so dermaßen zum Kotzen fand, daß er am liebsten den Kurt Cobain gemacht hätte, wenn das nur nicht so abgeschmackt wäre. Auch da hatte er wieder den Absprung zur rechten Zeit verpaßt. Mit 27, klar, da geht das – aber jetzt mit Mitte 40 nahm ihm den an der Welt verzweifelnden Künstler doch keiner mehr ab.
Und so blieb ihm als Ausweg nur noch das Stupide. Mit schnellen Autos im Kreis rumfahren und es Formel 1 nennen. Mit dem Privatjet an exotische Orte fliegen, wo es auch nicht besser war als daheim in Sprockhövel. Sich limitierte Singles-Boxen von den Smiths kaufen, im Endeffekt aber doch immer nur die alten CDs auflegen. Zeit mit Büchern verplempern, die es gar nicht wert waren, geschrieben, geschweige denn: gelesen zu werden, aber irgendwie mußte man die Abende ja rumkriegen. Mit den schärfsten Frauen Deutschlands poppen und sich als Jurymitglied der Heidi-Klum-Show ausgeben. Sich an seiner alten Universität ehren lassen, obwohl man früher in den Vorlesungen immer nur geschlafen hat.
An diesem Abend schmiedete Zampano den Plan, eine Hosenfabrik in Bangladesch zu eröffnen und anschließend mit den Produkten von dort KiK Konkurrenz zu machen. Ein Mann braucht schließlich Abwechslung.
Nach dem Zähneputzen, vor dem Betthupferl drosch er auf sein Spiegelbild ein, bis Blut floß. Er saute das halbe Bad voll, aber wischte es nicht weg. Schließlich hatte er der Welt noch so viel zu geben, und wenn die Welt es schon nicht wollte, so mußte doch wenigstens die bulgarische Putzfrau angemessen beschäftigt werden.

1 Kommentar:

Mathies hat gesagt…

Der Text wäre fast witzig, wenn er nicht so realitätsnah wäre.