Samstag, 19. Mai 2007

Buttermilch mit Paul Watzlawick

Ich traf Paul Watzlawick zum letzten Mal wenige Wochen vor seinem Tod. Er sah, ausgezehrt von seiner langen Krankheit, schlecht aus, aber gut, Krebs kommt in den besten Familien vor.
Wie wir so nebeneinander in den Korbstühlen auf seiner Veranda saßen und dem Sonnenuntergang entgegenblinzelten, erzählte er mir mal wieder seinen Lieblingswitz, den von dem Mann, der alle zehn Sekunden in die Hände klatscht, und wenn man ihn fragt, warum er das tut, antwortet: Um die Elefanten zu verscheuchen. Aber welche Elefanten denn bitte? Darauf der Irre: Na also! Sehen Sie!
Das war natürlich kein Brüller im klassischen Sinne, aber für ein Schmunzeln meinerseits reichte es jedesmal wieder aufs Neue. Paul und ich, wir verstanden uns einfach, was unsere Didaktik anging.
Diesmal war ich mit einem zwischenmenschlichen Problem zu ihm gekommen, ich schilderte ihm meine unglückliche Liebe zu dem jungen blitzgescheiten Mädchen, das alle seine Bücher gelesen hatte.
Schade, daß ich nie solche Mädchen kennenlerne, meinte Paul, lächelte dabei in sich hinein und nippte an seiner Buttermilch.
Was soll ich denn nun mit ihr machen? fragte ich ihn und riß ihn damit augenblicklich wieder zurück ins Hier und Jetzt.
Vielleicht willst du ja gar nicht, daß sie dich liebt, gab er mir zu denken, sondern bist zufrieden mit den ständigen Demütigungen und Abweisungen. Erinner dich nur mal an Martha und George bei Edward Albee.
Nun, Paul, sagte ich, nachdem ich allen Ernstes ein Weilchen darüber nachgedacht hatte, das kann ich diesmal, glaube ich, ausschließen.
Mein lieber Freund, setzte Paul von neuem an, du mußt zusehen, daß du einen Verständigungsprozeß zu ihr herstellst. Das ist der Rat, den ich dir geben kann. Und vergiß nicht: Nimm es leicht, das Leben ist schon hart genug. Laß dich von Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen. Es wäre nicht das erste Mal, daß das sanfte Wasser eines Flusses einen massiven und unbezwingbar wirkenden Berg aushöhlt. Laß dir und ihr Zeit. Solange ihr zwei am Leben seid, besteht Hoffnung. Und vor allem: Bleib bei dir selbst, denn dann kannst du sie gar nicht enttäuschen, du Teufelskerl.
Er verpaßte mir einen Knuff in die Seite. Ich lächelte.
Zum Abendessen wollte ich schon nicht mehr bleiben. Wir gaben uns die Hand, und ich ging die Auffahrt hinunter.

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