Samstag, 21. April 2007

Orgi und Alice

Aus Versehen saß ich Esel neulich mal wieder vor dem Fernseher anstatt meine viel zu große Nase lieber mal in ein gutes Buch zu stecken. Nun denn, hinterher ist man immer schlauer.
Was ich dort sah, erfüllte mich mit Schrecken. Da saß ein kleiner dicker Junge mit Sonnenbrille und wurde von einer bösartigen älteren Frau gnadenlos niedergewalzt. Sie nannte sich Moderatorin, aber Mäßigen war ganz offensichtlich ihre Sache nicht.
Sie hörte auch sonst nicht zu, ließ ihre Gäste nicht ausreden und schenkte am liebsten ihren eigenen Argumenten Gehör. Irre gut kamen dabei auch ihre Suggestivfragen. Klischees und Vorurteile sind dazu da, um sie zu pflegen. Die Spanische Inquisition hatte ich nicht erwartet.
Auf den kleinen dicken Jungen hatte sie es, wie gesagt, besonders abgesehen. Der war der offensichtliche Sündenbock dieser Veranstaltung und sowieso an allem schuld.
Ich mache aber auch Sachen mit anderem Hintergrund, wimmerte der süße Kleine, dem man am liebsten einen Keks und einen heißen Kakao angeboten hätte. Und weiter maunzte er: Das ist eine Art Kunst. Und soll so ein bißchen Partystimmung erzeugen.
Na gut, jedem seine Meinung.
Partystimmung kam jedenfalls auf, als eine nebenan sitzende Ärztin von elfjährigen Mädchen erzählte, die den Jungs aus ihrer Klasse bereits einen geblasen hätten.
Die Tante resümierte: Unsere Generation hat noch nicht mitbekommen, was die Jugend heute alles erfährt und wie weit sie unserer Hilfe bedarf.
Ja gut, also zu meiner Zeit hat man sich auch noch mal hin und wieder mit seinen Kindern unterhalten, da kann man schon mal ein bißchen was von denen erfahren. Das scheint aber wohl heute nicht mehr Usus zu sein. Na ja, Schwamm drüber.
Nun kommt die Sprache auf mangelnde Kommunikation in den Familien. Der dicke Junge will dazu was sagen, man fährt ihm aber über den Mund. Schön, wie vorbildlich das mit der gepredigten Kommunikation hier klappt.
Auch sehr geil: Tochter wird mit zwölf schwanger, und ihre Mutter weiß nicht mal, daß sie überhaupt schon Sex hatte. Scheint sich also um ein echt gutes Familienverhältnis zu handeln. Das Töchterchen, so wird erklärt, wollte Anerkennung von den Jungs bekommen. Gut, das geht auch MIT Kondom, aber so weit denkt man vielleicht mit zwölf noch nicht.
Und dann war da auch noch ein Sexualforscher, der seit nachgewiesen fünfzehn Jahren selbst keine Erektion mehr hatte, trotzdem aber einen glasklaren Zusammenhang sah zwischen sozialer Verwahrlosung, harten Pornos und der Musik des kleinen dicken Jungen. Jaja, schuld sind immer die anderen, ein beliebtes Topic in Deutschland, von jeher.
Irgendwann sagte die alte Moderationshexe, die kurz zuvor noch eben schnell ein Vergewaltigungsopfer lüstern und mediengeil vorgeführt hatte: Ihnen ist schon klar, daß das ziemlich menschenverachtend ist? Ich horchte auf und dachte kurz, sie spreche von ihren eigenen Verhörmethoden. Sie meinte dann aber doch nur wieder den Dicken mit der Sonnenbrille.
Über den Rest der Veranstaltung, die sich noch ein Weilchen hinzog, kann ich leider nichts mehr sagen. Zu dem Zeitpunkt schaltete ich nämlich um. Auf die Sexy Sport Clips. Da weiß mann, was mann hat. Cheers.

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